Was es bedeutet MHFA Ersthelfer zu sein!

Als Ersthelfer habe ich kompetentes Basiswissen über psychische Krankheiten, deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Und ich bin in der Lage ohne Vorurteile auf Menschen mit psychischen Störungen zuzugehen. Mein Vertrauen in meine eigenen Helferkompetenzen hat das in jedem Fall gestärkt. Ich habe ein "Handwerkszeug" gerlent, das ich gut in psychisch schwierigen Situationen anwenden kann. Ich weiss jetzt, wie ich auf Kollegen zugehen kann, bei denen ich den Eindruck habe, dass etwas nicht stimmt.

MHFA Ersthelfer sein

Vor einigen Monaten habe ich an einem Kurs des Zentralinstituts für seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim teilgenommen. „MHFA Ersthelfer“

nennt sich dieser Lehrgang und ich darf nach bestandener Prüfung das Zertifikat „Ersthelferin für psychische Gesundheit“ mein Eigen nennen.

Davon hast Du noch nie etwas gehört? Na, dann ist es ja wunderbar, dass ich diesen Artikel schreibe und ein bisschen Licht ins Dunkel bringen kann.

Bei „Mental Health First Aid“ (MHFA) handelt es sich um eine in Australien ansässige Organisation, die seit über 20 Jahren Menschen ausbildet, um Personen mit psychischen Gesundheitsproblemen zu unterstützen. Bislang gibt es weltweit erst 4 Millionen Ersthelfer in 24 Ländern und es ist dringend notwendig, diesen Personenkreis vergrössern.

Entstanden ist der Ersthelfer für psychische Gesundheit aus dem Vorbild des Erste Hilfe Leistenden bei Unfällen mit körperlichen Schäden. Ganz wichtig dabei ist, dass ein qualifizierter Ersthelfer kein Therapeut ist, sondern lediglich die erkankte Person so lange unterstützt, bis professionelle Hilfe verfügbar ist. Dabei erlernt der zukünftige Ersthelfer in einem 12-stündigen Kurs Grundwissen über verschiedenste psychische Probleme und deren Abgrenzungen zueinander. Rechtzeitiges Erkennen und Bewerten der Anzeichen und Symptome bei Betroffenen sowie den Zugang zur Person zu finden sind ebenfalls Inhalt des Kurses. Für jedes psychische Problem werden die Erste-Hilfe-Möglichkeiten im Krisenfall besprochen. In einem dicken Handbuch sind Hilfsangebote für psychische Erkrankungen zusammengefasst. So kann ich als Ersthelfer mit konkreten Informationen unterstützen und zu professioneller Hilfe oder zu Selbsthilfestrategien ermutigen.

Besonders gut hat mir gefallen, dass es sich bei diesem Kurs nicht um einen Selbstlern-Video-Kurs handelt, sondern um gemeinschaftliches Lernen mit anderen. Normalerweise finden 6 Kurseinheiten à 2 Stunden als Gruppen-Präsenzveranstaltungen zu vorher festgelegten Terminen statt. In der aktuellen Pandemiezeit gibt es jedoch einige Angebote online. Man trifft sich in einer vom Instruktur moderierten Videokonferenz mit anderen Teilnehmern und hat nach einem theoretischen Teil die Möglichkeit, das eben Erlernte anhand von Fallbeispielen umzusetzen.

Neben dem Handbuch gibt es ein Workbook, das zahlreiche Übungsfälle für die verschiedenen psychischen Erkrankungen enthält. Dabei findet ein anregender Austausch zwischen den Teilnehmern statt, so dass nicht nur zusätzliches Wissen mit einfliesst, sondern auch noch Netzwerkkontakte geknüpft werden können. Denn wie auch bei den bekannten Erste Hilfe Kursen für körperliche Erkrankungen führt auch hier regelmässige Übung zu einer routinierten sicheren Anwendung im Ernstfall.

Und wer kennt ihn nicht – den Ernstfall? Die Freundin, die seit 10 Monaten im HomeOffice arbeitet, klagt über Lustlosigkeit und ihre niedergeschlagene Stimmung. Der Arbeitskollege, der keine lustigen Witze mehr erzählt und beiläufig erwähnt, dass er abends nur noch erschöpft ins Dunkel seiner Wohnung starrt. Die ältere Dame von gegenüber, bei der wegen ihrer Schlafstörungen die ganze Nacht das Licht brennt und die echt ganz schön abgenommen hat in den letzten Monaten. Oder der junge Mann, der sich immer aus dem Haus schleicht und sich im dunklen Hausflur versteckt, wenn Du den Eingang betrittst.

Fast jeder kennt einen solchen Fall. Nicht alle haben gleich eine psychische Störung. Aber allen fehlt etwas. Und wenn es nur das nette, mitfühlende, empathische Gespräch ist. Denn auch schon dieses Gespräch verhindert womöglich eine psychische Erkrankung. Wenn ich nun eine Ausbildung als mentaler Ersthelfer habe, kann ich den Betroffenen professionell unterstützen. Und: je früher das der Fall ist, desto höher sind die Chancen auf Gesundung.

Als Ersthelfer habe ich kompetentes Basiswissen über psychische Krankheiten, deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Und ich bin in der Lage ohne Vorurteile auf Menschen mit psychischen Störungen zuzugehen. Mein Vertrauen in meine eigenen Helferkompetenzen hat das in jedem Fall gestärkt. Ich habe ein „Handwerkszeug“ gerlent, das ich gut in psychisch schwierigen Situationen anwenden kann. Ich weiss jetzt, wie ich auf Kollegen zugehen kann, bei denen ich den Eindruck habe, dass etwas nicht stimmt. Stellt sich im nachfragenden Gespräch heraus, dass ich mich getäuscht habe – umso besser! Ich habe nicht nur die Sicherheit, dass beim Kollegen alles ok ist, sondern ich habe zudem ein Gespräch mit ihm geführt, das mitfühlendes Interesse vermittelt hat und unsere Zusammenarbeit stärkt. Auch mit den Nachbarn habe ich jetzt einen besseren Kontakt, weil ich offen fragen und wertfrei zuhören kann.

Ob der Kurs mir was gebracht hat? Ja klar! Ob ich ihn weiterempfehlen würde? Bedenkenlos und unbedingt! Es geht uns alle an – die Welt braucht mehr Ersthelfer für psychische Gesundheit. Gerade und erst recht in diesen pandemischen Zeiten!

Julia Bayer MHFA Ersthlefer

Der nächste MHFA Ersthelferkurs startet im Mai

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