Auszeit nehmen
Seit eineinhalb Wochen bin ich zurück aus meiner Sommerauszeit. Körperlich war ich schnell wieder präsent – in meinen Schulungen, im Dialog mit Klient:innen, aufmerksam und vital. Doch es dauerte, bis mein Kopf bereit war, die schweifenden Gedanken zu fassen und in fertige Sätze zu fügen.
Meine Rückreise führte mich über das mittelalterliche, historisch und kulturell reiche Celle – ein Ort voller denkwürdiger Geschichten, um das Feuerwehrwesen in MHFA zu schulen und zugleich eine Lektion im Ehrenamt empfangen – in lebendiger Demokratie und Miteinander. Freiwillige, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, nicht immer einig, auch streitbar- aber miteinander. Vor ihrem Engagement empfinde ich tiefe Hochachtung und Dankbarkeit. Diese Erfahrung war wie ein Perlenfischen zum Ausklang meiner Auszeit – kleine Juwelen, die im Gedächtnis leuchten.
Drei Wochen fast ohne Arbeit, ohne Agenda, haben Raum geschaffen, der zugleich Fülle war. Ich bin in die Wellen getaucht, habe die Sandkörner zwischen den Zehen gespürt und durch die Finger rieseln lassen, habe das Salz auf der Haut und das Rauschen der Wellen im Ohr aufgenommen. Hier war keine Notwendigkeit, mich zu beweisen, hier war nur Leben leben, nur sein: Das Meer spült einen zu sich selbst zurück, gerade weil es einen so sehr in sich hineinruft.
Boris Pasternak schrieb: „Allein das Erspüren der Gegenwart sei Zukunft – und die Zukunft des Menschen Liebe.“
Dieser Satz öffnet Türen: „Ab einem gewissen Punkt wird der Weg, den wir gehen, selbst zur Schwelle“.
Marica Bodrožić nimmt in „Pantherzeit – Vom Innenmaß der Dinge“ den Gedanken Pasternaks auf und setzt wenig später fort:
„Wenn wir Abstand von Gegnerschaft nehmen, schält sich ein neuer Innenraum frei, in dem Fragen nach der größeren Freiheit aufscheinen.
Oft ist das Bedürfnis, andere verändern zu wollen, so stark, dass es uns den genauen Blick auf uns selbst verstellt. Doch innere Friedlichkeit wächst nicht aus dem Drängen auf Veränderung außerhalb von uns, sondern allein aus dem, was wir selbst zu leben vermögen. Ist es am Ende nicht so, dass jeder Versuch, einen anderen Menschen ändern zu wollen, ein unbewusster Versuch ist, etwas in uns selbst zu vermeiden? Wenn wirklich etwas zu verändern ist, dann nur in uns selbst. Und indem wir diesen Wandel wagen, wird er Teil von uns und damit Teil der Welt.
Drei Blickwinkel öffnen heute den Raum – jeder für sich eine Einladung, tiefer zu denken, zu spüren und still zu verweilen. Sei herzlich willkommen in unserer AusZeit.